Viele Zeilen Missverständnis

Auch wenn die Option „Antworten“ auf dem Computer-Bildschirm oder dem Handy-Display anderes vorgaukelt, stehen dem einen Sender doch noch immer viele Empfänger gegenüber. Ein gleichberechtigtes Zwiegespräch – man beachte die ursprüngliche Bedeutung dieses Wortes – ein gleichberechtigtes Zwiegespräch zwischen Wählern und Gewählten via Blog, Twitter oder SMS ist unmöglich. Je erfolgreicher diese Medien sind, desto weniger können sie die Unterscheidungen zwischen Sendern und Empfängern aufheben.

Uwe Bork hat sich im Deutschlandradio mit dem Internet und dem politischen Dialog befasst. Sein Beitrag trägt den Titel Das 140-Zeichen-Missverständnis und beklagt, dass das Internet eine Kommunikation nur vorgaukle und dass „das kumpelhafte „Du“ der Kreativen und Proleten“ gar nicht ernst gemeint sei, weil dem einen Sender ja doch viele Empfänger gegenüber stehen würden. Deshalb kommt Bork zum Schluß, die neuen Medien würden uns lediglich „den Anschein eines Dialogs“ bieten.

Das ist eine interessante These. Spannend finde ich daran vor allem, dass sie auf halber Strecke stehen bleibt. Dass sie nicht anerkennt, dass der Rückkanal nicht nur für jeden zugänglich, sondern auch öffentlich ist. Denn das ist ja gerade das Spannende an der Kommunikation im Internet: Sie findet öffentlich statt, d.h. selbst wenn Obama (der als Beispiel herhalten muss) gar nicht die Zeit hat, eine Botschaft eines Wählers zu lesen – wenn diese die öffentliche Wirkung entfaltet, die zum Beispiel dieser veröffentliche Leserbrief hatte, wird er sich die Zeit nehmen müssen. Das ist neu, dadurch entsteht eine neue Form der Kommunikation.