Die Arroganz des Wissens

Wir wissen noch nicht, wie es sein wird, wenn in einer vernetzten Datenwelt jeder Dödel alles weiß. Denn bis jetzt war Wissen immer etwas Exklusives. Gewiss, es war und ist auch einfach nützlich – besonders wenn es sich um sogenanntes Sachwissen handelt, aber es wirkte nicht zuletzt als Statussymbol, als Zeichen der Zugehörigkeit zur Klasse der Gebildeten. Bücherlesen beispielsweise ist eine zeitraubende Beschäftigung, um die man nicht herumkommt, wenn man gebildet sein oder zumindest gebildet erscheinen möchte. Man muss im Ozean der Schriften schon etliche Tauchgänge absolviert haben, um ein paar Perlen auslegen zu können.

Das alles galt vor Google. Denn mit der Google-Büchersuche lassen sich ganze Bibliotheken in Sekundenschnelle nach Stichwörtern und Stichwort-Kombinationen durchforsten. Wofür man früher echtes, tiefes Wissen brauchte, das kann man heute mit einer pfiffigen Suchstrategie am Internet-Computer erzeugen: triftige Literaturzitate, begriffliche Zusammenhänge, Panoramen des Denkens. Alles per Knopfdruck abrufbar, weil nicht mehr wir alles lesen müssen: die große Suchmaschine tut es.

Burkhard Müller-Ulrich kommentiert in der Sendung „Kultur heute“ im Deutschlandradio die geplante Kooperation von Random House und der Google Buchsuche. Unter dem Titel
Googleisierung schreitet voran liefert er aber vor allem eine Begründung dafür, warum allerorten Kulturpessimisten gegen die Digitalisierung kämpfen: Sie sehen ihren Wissensvorsprung gefährdet.

3 Kommentare

Ach wenns nur so wäre, das Machtverlustgefühl muss bei Gutenberg damals viel größer gewesen sein.

Im Verhältniss zu gar nicht isses wurscht ob man in der Bibliothek eine Stunde oder bei Google eine Sekunde braucht.

Das Wollen ist wichtige!

Naja, wenn Herr Müller-Ulrich meint, dass Jeder Dödel per Google-Buchsuche in Sekunden „begriffliche Zusammenhänge“ und „Panoramen des Denkens“ (holla! was für ein wohlfeiler Ausdruck) herstellen könne, dann hat er doch offensichtlich eine sehr hohe Meinung von Jeder Dödel.

Man mag zittern vor den schönen Schimpfnamen, die er wohl für jene Menschen bereithält, die ihre Zeit statt mit Literatur-Scanning lieber mit Nachmittags-Talksendungen und der Pilcher-Posse zubringen. Oder sind die eh wurscht, weil sie die intellektuelle Deutungshoheit nicht gefährden?

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