Das Google+ Buch: Interview mit Crowdfunding- Autor Philipp Steuer

Wir müssen mehr experimentieren. Mit dieser Losung für 2013 endete das für Journalisten im Winter sehr aufregende Jahr 2012 (mehr zur Zeitungskrise auch hier im Blog). Philipp Steuer aus Köln hat diese Devise sehr ernstgenommen und das erste meiner Einschätzung nach äußerst spannende Projekt auf Startnext vorgelegt: Plus eins – das Google+-Buch für jedermann ist ein sympathisches Beispiel für die Möglichkeiten der Kulturfinanzierung zwischen Kreativem und seinem Publikum – und gerade dabei die 5000 Euro Marke zu knacken!

Trotz einiger Skepsis gegenüber Google+ bzw. gerade deswegen habe ich das Projekt auf Startnext unterstützt – und Philipp anschließend ein paar Fragen zum Thema Crowdfunding in der Buchproduktion gestellt.

Ganz im Ernst: ich bin mir schon nicht sicher, wofür ich Google+ brauchen soll. Weshalb sollte ich ein Buch über das Thema lesen?
Weil Google+ die Zukunft gehört. Die Pläne, die Google mit seinem Netzwerk vorhat, sind komplex und es wird in immer mehr Dienste integriert. Ich selbst nutze aktiv Google Mail, Docs, Drive oder Youtube. Google+ ist dort bereits vorhanden und wird in Zukunft noch stärker in den Fokus gerückt werden. Warum du ein Buch über das Thema lesen solltest? Weil Google+ schon jetzt zahlreiche Vorteile für Journalisten und Blogger wie dich bietet, um z.B. die Sichtbarkeit der eigenen Beiträge in der Google Suche zu erhöhen. Google+ ist kein zweites Facebook. Es ist vielseitiger und grenzt sich nicht nur durch seine Funktionen wie Kreise und Hangouts, sondern auch von der extrem sozialen Nutzerschaft von der vermeintlichen Konkurrenz ab.

Du bist offensichtlich ein Fan von Google+, warum ist das so?
Ich lebe Google+, so abgedroschen das auch klingen mag. Um das besser verstehen zu können, muss ich ein kleines Stück ausholen. Ich bin mit dem Internet aufgewachsen und habe so früh gesehen, welche Möglichkeiten es uns Menschen offenbart. Google wurde sehr schnell ein treuer Begleiter und für mich die Anlaufstelle, wenn ich Informationen finden wollte. Google Mail und andere Google Dienste folgten.

Meine Faszination für soziale Netzwerke und Social Media stieg während meines Online-Redakteur Studiums stetig an und ich probierte jedes vermeintlich „nächste große Ding“ aus. Zum Ende meines Studiums stellte Google im Juni 2011 Google+ vor und ich freute mich, als ich eine Einladung zur geschlossenen Beta-Phase erhielt. Gut, bis auf ein paar Mitstudenten war zu diesem frühen Zeitpunkt wirklich wenig los und so gab ich dem Netzwerk Zeit, sich zu entwickeln. Bereits im November wurde ich dann hellhörig, als Google die soziale Suche („Search, plus your world“) vorstellte und ich fing an, mich intensiver mit Google+ auseinanderzusetzen, sowohl journalistisch als auch privat.
Bei Facebook bin ich wegen meinen Freunden und bei Twitter wegen den kurzen Nachrichten. Was ich an Google+ wirklich toll finde ist, dass hier die Interessen im Vordergrund stehen. Vor allem zu den Themen Technik, Netzwelt, Fotografie und Sport kann man hier schnell neue Menschen kennenlernen, mit denen man gemeinsam die unterschiedlichsten Inhalte diskutieren kann. Die Diskussionen haben ein hohes Level und bis auf die üblichen Trolle ist der Umgang ein Stück sozialer als z.B. bei Facebook.

Es gibt das Google+-Buch schon digital. Wieso bist Du auf die Idee gekommen, es jetzt auf Papier zu drucken?
Weil ich Bücher lieber. Es gibt für mich nichts besseres, als jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit ein paar Seiten zu lesen. Es ist mein Ausgleich zur täglichen Arbeit als Social Media Manager, die ich zu 99% vor dem Computer verbringe.
Auch eReader a la Kindle konnte mich als Technikfan nicht davon abbringen, weiter echte Bücher zu lesen. Zudem machen diese sich auch viel besser im Bücherregal als eine unscheinbare PDF-Datei auf meinem virtuellen Schreibtisch. Aus diesem Grund war es immer ein Wunsch von mir, ein echtes Buch zu veröffentlichen. Die Nachfragen von treuen Lesern bestärkten dieses Vorhaben, so dass ich Ende des letzten Jahres entschloss, es zu versuchen.

Und wieso über Crowdfunding?
Ich mag es, neue Dinge auszuprobieren. Meine Bachelorarbeit habe ich bei CrowdsourcingBlog.de geschrieben, wodurch ich viel mit „crowdlastigen“ Projekten zu tun hatte. Als ich Ende letzten Jahres mit der Neuversion meines Google+ Buches begann, habe ich lange überlegt, welchen Weg ich mit dem Werk gehen möchte. Klar, es wäre einfacher gewesen, das Buch über einen Verlag zu veröffentlichen, aber ich wollte komplett frei arbeiten, um mich nicht möglichen Branchenrestriktionen beugen zu müssen. Also musste ein anderer Finanzierungsweg her, da Druckkosten und Lektorat eine 4-stellige Summe ausmachen.

Schon bei der ersten Version von „Plus Eins: Das Google+ Buch für Jedermann“, die im Mai 2012 erschien und bis heute über 40.000 Mal heruntergeladen wurde, gab es zahlreiche Leser, die sich aktiv für das Buch engagierten. Dieser Support bestärkte mich in meinem Entschluss, es mit Crowdfunding zu versuchen. Zu dieser Zeit habe ich auch dein Projekt verfolgt und war begeistert über den großen Zuspruch. Als du dann beim Digitalen Quartett über deine Erfahrungen berichtet und Tipps an kommende Starter gegeben hast, verschwanden bei mir die letzten Zweifel und ich setzte eine eigene startnext-Projektseite auf.

Das freut mich. Wenn das Projekt finanziert wird – und danach sieht es ja sehr aus – versprichst du, dir ein +1 auf den Arm zu tätowieren? Wie bist du auf die Idee gekommen?
Wenn das Funding-Ziel erreicht werden sollte, werde ich mir in der Tat den +1-Button auf die Innenseite meines linken Handgelenks tätowieren lassen. Es gibt keine Ausstiegsklausel oder eine andere Möglichkeit für mich, aus der Sache rauszukommen, denn versprochen ist versprochen. Sofern möglich, möchte ich es in einem einem Hangout machen. So oder so wird es definitiv auf Video festgehalten und interessierte Leser aus dem Kölner Raum können es gerne bei einem Treffen auf seine Echtheit überprüfen.

Und wie bist du auf die Idee gekommen?
Ich habe im Vorfeld des Projektes überlegt, wie ich mich einbringen könnte. Natürlich sind die Dankeschöns, die Supporter für Ihre Unterstützung erhalten, eine tolle Gegenleistung. Das allein hat mir aber nicht gereicht und ich möchte mit dieser Aktion zeigen, dass ich es mit meinem Buch und Google+ verdammt ernst meine.

Das Projekt läuft noch rund 50 Tage, kannst du trotzdem schon sagen, was dich am meisten überrascht hat – positiv wie negativ?
Die größte Überraschung für mich ist die Hilfsbereitschaft der Menschen. Ich hätte nie gedacht, dass in so kurzer Zeit so viel Geld zusammenkommen würde, da die eigentliche Werbung für das Projekt nur über Google+ sowie Facebook und Twitter lief und es sich dennoch auch zu Personen rumgesprochen hat, mit denen ich in erster Linie nicht vernetzt bin. Das hat mir persönlich nochmal gezeigt, wie toll Mund-zu-Mund-Propaganda im Netz funktionieren kann. Weiterhin finde ich das Gemeinschaftsgefühl zwischen mir und den Supportern wirklich toll und es ehrt mich, dass andere Personen mit mir zusammen der erfolgreichen Finanzierung entgegenfiebern.

Negatives habe ich bisher nicht festgestellt. Ich muss aber sagen, dass Crowdfunding nichts ist, was man mal eben von der Couch aus machen kann. Die Vorarbeit ist extrem wichtig. Man muss sich im Klaren darüber sein, was man den Unterstützern genau anbieten möchte und vor allem wie. Es muss ein professionelles Video gedreht werden, das auch wieder einige Arbeitsstunden kostet. Und wenn das Projekt gestartet ist, darf man sich um die Kommunikation kümmern, damit es nicht in Vergessenheit gerät.

Mehr zum Thema Crowdfunding in den Digitalen Notizen: Mein Buchprojekt „Eine neue Version ist verfügbar“ sowie ein Interview mit den Machern von Krautreporter

Hat sich eigentlich schon jemand von Google gemeldet? Die müssten dir ja eigentlich recht dankbar sein, oder?
In der Tat weiß Google von dem Buch. Ich habe Google+ Chef Vic Gundotra im Rahmen des Projektes interviewed und ihm auch von der Tattoo-Idee erzählt. Er findet es großartig und würde das Hangout gerne sehen wollen. In Deutschland selbst stehe ich mit Google Deutschland im Kontakt und Pressesprecher Stefan Keuchel hilft mir mit seinen Möglichkeiten sehr weiter.


Philipps Projekt kann man hier auf Startnext unterstützten!