Nothing is original – zwei Beobachtungen Julian Rosefeldt Ausstellung im c/o-Berlin

„It’s not where you take things from – it’s where you take them to“ Der Satz von Jean-Luc Godard ist in aktuell im c/o-Berlin zu lesen. Er stammt aus der von Jim Jarmusch entlehnte FeststellungNothing is original„, die am Eingang zu lesen ist und mit Godards Worten endet.

Die Ausstellung widmet sich dem Werk von Julian Rosefeldt und seiner Begeisterung für Adaption, Anlehnung und Remix. Diese teile ich und kann deshalb die Ausstellung absolut empfehlen.

Dass ich hier drüber schreiben muss, liegt aber an zwei Beobachtungen, die zunächst mit der Netzkultur und dann mit künstlicher Intelligenz (und dort dann auch wieder mit Godard) zu tun hat.

1.

Direkt zu Beginn der Ausstellung ist eine 2-Kanal-Video- und 12-Kanal-Soundinstallation von Julian Rosefeldt und Piero Steinle aus dem Jahr 1998 zu sehen. Sie heißt „News“ und ist hier auf der Website Rosefeldts verlinkt. Als ich sie sah, musste ich sofort an einen Netzkultur-Trend denken, der im Sommer 2024 Tiktok und Instagram begeisterte. Er hieß „Ich habe den Gen-Z-Kollegen gebeten, ein Video zu schneiden“ und basiert auf dem gleichen Witz wie Rosefeldts&Steinles-Idee aus dem Jahr 1998. Beide Kunstprojekte bestehen aus Atempausen, die zusammengeschnitten wurden. Und beide wissen vermutlich nichts voneinander: die Tiktok-Jugend nichts von der Kunst und die beiden Künstler vermutlich nicht, wie ihre Idee zu einem viralen Trend wurde.

In der Sprache des Museums ist die News-Arbeit wie folgt beschrieben: „Der hier gezeigte Ausschnitt konzentriert sich auf das Luftholen der Nachrichtensprecher:innen zwischen den Meldungen und verdichtet die Nachrichten metaphorisch auf die Leerstellen zwischen dem Gesagten und dem Nicht-Gesagten. (…) Im Zusammenschnitt kurzer Fragmente aus den Nachrichtensendungen öffentlich-rechtlicher und privater Sender der BRD sowie des staatlichen Fernsehens der DDR treten wiederkehrende Muster hervor, die über den eigentlichen Informationsgehalt hinausweisen.“

In der Welt der hochformatigen Tiktok-Reel-Kunst verdichtet der Zusammenschnitt der Atempausen von Boomern durch ihre Gen-Z ebenfalls wiederkehrende Muster, die über den eigentlichen Informationsgehalt hinausweisen (siehe Netzkulturcharts)

2.

Die zweite Beobachtung bezieht sich auf ein Zitat, das ich in der Ausstellung las und das mich sofort an die Debatte über KI erinnerte (dass man die beiden obigen Ansichten von Jarmusch und Godard ebenso auf die Diskussion über den KI-Raub anwenden kann, erwähne ich nicht extra). Das Zitat von Rosefeldt ist mit den Worten „Das erste Foto“ überschrieben und lautet:

„Als ich mir meine erste Spiegelreflexkamera leisten konnte – ich muss 17 oder 18 Jahre alt gewesen sein – war ich zunächst voller Bewunderung gegenüber diesem tiefschwarzen, eleganten Objekt und überlegte mir, was ich zuerst damit fotografieren wollte. Das erste Foto war dann schließlich kein Bild, das ich mit der Kamera sondern eins, das ich von ihre machte mit – mit der Kamera meines älteren Bruders.“

Mir scheint es manchmal, dass wir aktuell noch so berührt oder begeistert von den Möglichkeiten der KI sind, dass wir gerade eher Kunst von der KI erstellen als mit der KI.

Die Ausstellung ist noch bis zum 16. September im C/O-Berlin zu sehen.