Der Künstler will von möglichst vielen Menschen gehört werden

Björn Beton:Uns hat auch die Wandlung der Musikindustrie geholfen. Heute wird eine Firma wie iTunes von ein paar Typen in Amsterdam gemacht. Man braucht keine große Plattenfirma mehr, um Songs als MP3 dort anzubieten. Deshalb war es zeitgemäß, uns zu fragen, welchen Vorteil und welche Sicherheit ein großes Plattenlabel noch für uns hat.

SZ:Ist die Zeit der Großen vorbei?

König Boris:Unsere kleine Firma ist einfach schneller und wendiger. Wir können uns an die sich rasant verändernde Musikindustrie anpassen. Es findet eine Umwälzung statt – die Zeiten sind unsicher, wir wissen nicht, wie es nächstes Jahr aussieht. Da ist es von Vorteil, nicht so einen bürokratischen Klotz am Bein zu haben.

SZ:Was hat sich verändert?

König Boris:Wir verdienen mit Tonträgern immer weniger. Und diese Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen. Viel hat sich auf den Live-Sektor verlagert. Das bekommen wir deutlich zu spüren. Und wir reagieren: Wir haben uns live neu aufgestellt, haben eine große Tour-Band.

SZ:Gehen Sie mehr auf Tour als früher, um Geld zu verdienen?

Dokter Renz:Nein, wir nehmen einfach mehr Geld. (Lachen) Es ist wirklich alles anders: Mittlerweile verkaufen wir mehr Songs im Internet als auf CD. Bis vor kurzem war das noch Zukunftsmusik, aber es kam schneller, als wir dachten. Den jungen Menschen muss man fast erklären, was eine CD überhaupt ist. Die kaufen sich die Songs bei iTunes.

König Boris:Ich finde den Preis im Internet auch realistischer. Wenn eine CD 17 Euro kostet, finde ich das zu viel. 99 Cent für ein Lied im Internet – das finde ich dagegen okay, das kann ich nachvollziehen.

SZ:Sie sind also nur 99 Cent wert?

König Boris:Nee, das kann man so ja wohl nicht sagen. Wir bestehen ja nicht nur aus Songs, sondern auch aus T-Shirts. (Lachen)

Dokter Renz:Ich finde es voll okay, wenn sich Leute unsere CDs von Freunden brennen lassen und dann auf unser Konzert kommen. Solche Menschen verurteile ich nicht moralisch. Jeder muss gucken, wie er sein Geld anlegt.

SZ:Die Menschen ziehen sich Musik illegal im Netz oder lassen sich Platten von Freunden brennen – und das finden Sie gut? Das ist nicht Ihr Ernst.

Dokter Renz:Rein künstlerisch ist das ein Traum. Der Künstler will von möglichst vielen Menschen gehört werden. Was gibt es Schöneres? Klar ist der nächste Gedanke: Ihr solltet euch die Platte lieber kaufen als brennen.

Björn Beton:Das habe ich dem Mädchen, das mir am Flughafen eine gebrannte CD zum Unterschreiben hingehalten hat, auch gesagt.

Dokter Renz:Auf unserer Seite im Internet hat einer geschrieben: Das neue Lied von Fettes Brot ist so geil, kann mir das jemand schicken? So läuft es gerade, da können wir nichts dran ändern. Und wichtig ist doch: Die Veränderungen auf dem Musikmarkt bedeuten nicht, dass die Musik für die Menschen unwichtiger geworden ist. Im Gegenteil, Musik hat immer noch einen wahnsinnig hohen Stellenwert.

Fettes Brot sprechen in der Süddeutschen Zeitung über Geld und Musik