Das A in AI steht offenbar für Angst und Alarm

Dieser Tage starten gleich zwei öffentlich-rechtliche Podcasts, die sich mit dem (Hype-)Thema Künstliche Intelligenz befassen. Beide sind empfehlenswert und an beiden arbeiten Menschen mit, die ich kenne und deren Arbeit ich schätze. Deshalb ist mein größtes Problem zum Start der beiden Podcasts die Frage gewesen: Mit welchem Angebot fange ich an?

Die Antworten, die ich auf Mastodon (91% DLF, 9% ARD), Instagram (29%DLF, 71% ARD ) und Twitter X (60 % DLF, 40 %ARD) bekam, führten dazu, dass ich heute zunächst den KI verstehen Podcast vom Deutschlandfunk anhörte. Die erste Folge dauert kompakte 30 Minuten und trägt den Titel „Muss ich Angst vor KI haben?“.

Obwohl ich die Antwort kannte (Nein!) habe ich die Folge angehört – und mir direkt danach die Pilotfolge des KI-Podcast angehört, der von BR & SWR produziert wird und ebenfalls mit einer alarmistischen Frage in das Thema einsteigt, die ebenfalls ein Nein als Antwort verdient: „Werden wir alle arbeitslos?“ lautet der Titel des zweiten öffentlich-rechtlichen Podcasts, der diese Woche startet.

Beide Podcasts sind sehr gut gemacht, beide Podcasts sind empfehlenswert und ich werde beide Podcasts weiter hören. Dennoch muss ich zwei Anmerkungen zu den Projekten loswerden:

1. Kennt bei Euch tatsächlich niemand Betteridges Law in Bezug auf Überschriften? („Jede Überschrift, die mit einem Fragezeichen endet, kann mit einem Nein beantwortet werden.“)

Und 2. Woher kommt all der Alarm und all die Angst?

In beiden Folgen versuchen vor allem Marie Kilg (ARD) und Moritz Metz (DLF), der heftigen Konnotation der Leitfragen durch sachliche Expertise entgegen zu wirken. Aber dennoch bleibt in beiden Folgen das diffuse Gefühl, dass KI bei aller Unsicherheit auf jeden Fall etwas unbedingt Bedrohliches und Beängstigendes sein muss. Das liegt zum einen an der Doppelmoderation. Georg Schmalzried („Ich bin grundsätzlich ein sehr ängstlicher Mensch.“) im KI-Podcast und Piotr Heller („Du hast mir ganz viele Argumente gegeben, warum ich keine Angst haben muss. … Was ich aber immer noch sehe, ist, dass wirklich Topleute davor warnen. Diese Ungewissheit ist etwas, was mir Angst macht.“ )im KI verstehen-Podcast sorgen dafür, dass zu keinem Zeitpunkt der Eindruck entsteht, KI könne in erster Linie ein hilfreiches Instrument sein. Ganz zu schweigen von einer zukunftsoptimistischen Pespektive, die in KI ein Werkzeug zur Verbesserung sehen würde. Nicht hier, hier wird vor allem das unklare Gefühl der Angst vermittelt. Das ist deshalb besonders ärgerlich, weil die inhaltliche Expertise beider Podcasts dafür gar kein Futter gibt.

Dass der Eindruck dennoch entsteht, liegt in erster Linie an den deutlich konnotierten Titelfragen beider Folgen, aber auch an inhaltlichen Aspekte wie der bedrohlich untermalte Zukunftsvision einer KI, die die Menschheit unterwirft. Moritz Metz hat sie im KI verstehen-Podcast als Drehbuch-Entwurf ChatGPT entlockt und durch die höchst suggestive musikalische Untermalung erweckt sie den Eindruck, diese Beschreibung habe irgendwas mit der KI zu tun. Das ist deshalb besonders ärgerlich, weil ich nur wenige Minuten vorher im gleichen Podcast (auch durch sehr gute O-Töne von Jürgen ,Tante‘ Geuter) gelernt habe, dass die KI eben nichts aus sich heraus erstellen kann, sondern stets nur das quasi spiegelt, was Menschen vorproduziert haben. Diese düstere Zukunftsvision hätte also als das beschrieben werden können, was sie in Wahrheit ist: Grimassenschneiden vor einem Spiegel. Es braucht schon sehr große Mühe, um sich davor zu ängstigen!

Mir ist schon klar, weshalb das gemacht wird: Weil man auf mehr Aufmerksamkeit hofft. Mit einer zukunftsoptimistischen Perspektive macht man sich im deutschen Diskurs schnell lächerlich (wie naiv!). Das Warnen und Mahnen jedoch wird gerne genommen.

Doch selbst wenn es stimmen sollte, dass wir alle in Angst und Aufregung sein müssen wegen KI (ich persönlich habe da große Zweifel), dann würde ich dazu am liebsten einen Podcast hören, der mir konkrete Lösungen für Regulierung und den angemessenen Einsatz der neuen Werkzeuge zeigt. Man muss dafür gar nicht den großen Begriff des konstruktiven Journalismus‘ wählen, um zu verstehen, dass das Benennen von Sorgen an sich noch kein Bildungsangebot ist.

Ich hoffe deshalb sehr, dass die kommenden Folgen ihre gute Substanz nicht durch noch mehr unkonkrete Zukunftsangst kaputt machen!