loading: LobbyPlag

Wer schreibt eigentlich unsere Gesetze? Mit der Antwort auf diese ja vermeintlich sehr einfachen Frage befasst sich das gerade gestartete Projekt LobbyPlag. Am Beispiel der EU-Datenschutzreform können der Rundshow-Erfinder Richard Gutjahr, der Open-Data-Journalist Marco Maas und der Wiener Student Max Schrems zeigen: es sind nicht immer die Abgeordenten und deren Mitarbeiter die Gesetze schreiben. Oft stammen ganze Textpassagen aus Papieren von Lobbyisten. Richard Gutjahr fasst das so zusammen: „Allein der Abschluss-Bericht zur ersten Datenschutz-Ausschuss-Sitzung im vergangenen Dezember ist geradezu durchsetzt von Lobby-Texten. Das Ausmaß: mehr Guttenberg als Schavan.“



Der Start von LobbyPlag sorgte für großes Aufsehen in der vergangenen Woche. Deshalb entschieden die Macher: Sie wollen weiter machen. Auf der Plattfrom Krautreporter (hier ein Interview mit dem Macher Sebastian Esser) starteten sie ein ungewöhnliches Crowdfunding-Projekt. Supporter können bisher lediglich zwischen der Unterstützer-Summe 5 und 50 Euro wählen – trotzdem sind heute schon über 2.500 Euro zusammen gekommen.

Marco Maas von OpenDataCity hat den kleinen Loading-Fragebogen beantwortet.

Was macht Ihr?
Wir wollen ein Tool entwickeln, mit dem wir die Gesetzgebung in Brüssel begleiten können. Wir sammeln Lobbypapiere und vergleichen diese mit Gesetzesentwürfen – und können zeigen, welche Abgeorneten sich nderungen in die Feder diktieren lassen. Dazu zeigen wir Lobbypapier auf der einen, Gesetzestext auf der zweiten und markieren Streichungen und Ergänzungen farblich. Die Anzahl der Übernahmen aus Lobbypapieren sind z. T. echt erschreckend.

Warum (macht Ihr es so)?
Es gibt noch keine vergleichbare Plattform – eines unserer Ziele ist es, den Prozess der Gesetzentwicklung transparenter zu machen – und eine Art digitalen Beipackzettel zu schaffen, in dem nachzuvollziehen ist, welche Gruppierungen sich wie stark eingemischt und ggf. durchgesetzt haben („Dieses Gesetz könnte Spuren von Lobbyismus enthalten“)

Wer soll das anschauen?
Im Grunde genommen: Jeder. Denn jeder Mensch, der in der EU lebt, ist von den Gesetzen, die gerade in Brüssel erarbeitet werden, betroffen. Es kann nicht schaden zu wissen, woran die Abgeordneten arbeiten, und wer sie wie zu beeinflussen versucht.

Wie geht es weiter?
Wir sind gerade dabei, unseren „Werkzeugkasten“ zu erweitern, noch haben wir keine echten Crowdsourcing-Funktionen und beschränken uns auf die Darstellung – das soll sich ändern. Als erstes Tool haben wir einen Fundstellen-Finder gebaut, User können Textschnipsel aus Lobbypapieren in einen Suchschlitz eingeben und unser System zeigt, welcher Abgeordneter in welchem Ausschuss hier etwas übernommen hat. Auch mit einem Tool für die automatische Erkennung von Übernahmen haben wir angefangen – und das soll dann aufgebohrt werden, sodass jeder Dokumente hochladen, Fundstellen markieren, vertaggen und Interessantes vermelden kann.
Ebenfalls in der Mache sind verschiedene Visualisierungen – welche Lobbygruppen sind erfolgreich, wie sieht der Gesetzgebungsprozess aus etc. Wir haben seit Start bisher 3000 neue Seiten Dokumente zugespielt bekommen – und die müssen auch noch alle aufbereitet werden.

Was sollten mehr Menschen wissen?
Lobbyismus ist an sich nichts Schlimmes, bei der aktuellen Datenschutz-Gesetzerstellung war das Ausmaß allerdings auf einem bisher noch unbekannten Niveau. Auf wenige hundert Abgeordnete kommen knapp 20.000 Lobbyisten – hier Transparenz zu erzeugen, kann eigentlich nur positives bewirken.

>>> LobbyPlag bei Krautreporter unterstützen!!!

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Unter dem Schlagwort loading stelle ich in loser Folge handgemachte bzw. Crowdfunding-Projekte vor, die spannend sind und/oder für eine neue Bezahlkultur stehen. Das mache ich (auch), weil mein aktuelles Buch ebenfalls über Crowdfunding verfügbar gemacht wurde. Man kann den loading-Ideen im Blog folgen (hier den RSS-Feed zum Schlagwort „loading“ in den Reader nehmen) oder einen Newsletter mit den Vorschlägen abonnieren: