Kulturstaatsminister will auch warnen

Dieser Winter scheint eine gute Zeit für Positionspapiere zum Urheberrecht zu sein. Erst hat die Gewerkschaft verdi eines veröffentlicht, jetzt legt der Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) nach. Heute wurde sein Zwölf-Punkte-Papier von Staatsminister Bernd Neumann zum Schutz des geistigen Eigentums im digitalen Zeitalter veröffentlicht (hier als PDF runterladen). Doch nur weil viele Positionspapiere veröffentlicht werden, heißt das leider nicht, dass diese auch nachvollziehbare Positionen transportieren würden. Wie schon verdi setzt auch Neumann auf ein Warnmodell – unter Punkt sieben seiner Liste heißt es:

Zur weiteren Verbesserung der Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte in der digitalen Welt sollte der bestehende rechtliche Rahmen um ein effizientes System ergänzt werden, das es ermöglicht, einem (potentiellen) Verletzer einen Warnhinweis zu senden. Dann könnte dieser ohne juristische und finanzielle Konsequenzen sein illegales Handeln einstellen. Dabei muss jedoch sichergestellt sein, dass der verwarnte Nutzer bei wiederholter Rechtsverletzung mit einer ernstzunehmenden Reaktion zu rechnen hat (z. B. der kostenträchtigen Abmahnung).

Für Neumanns Vorschlag gilt, was ich schon zur verdi-Position in der Süddeutschen Zeitung geschrieben habe: Wenn man schon glaubt, den Herausforderungen der Digitalisierung über den Sanktionsweg begegnen zu wollen, darf man die Angemessenheit der Mittel nicht aus den Augen verlieren:

vergleichbare Warnschilder tauchten zuletzt in der sogenannten Zensursula-Debatte auf, als die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen, mittels einer Sperrtechnologie gegen Kinderpornographie vorgehen wollte. Kritiker hielten ihr damals vor, damit mindestens billigend eine Infrastruktur aufzubauen, die geeignet ist, Zensur- und Überwachung auch in anderen Fällen zu befördern. (…) Denn wenn die Möglichkeiten zur Sperrung erst mal geschaffen sind, so die Befürchtung der Kritiker, kann niemand mehr kontrollieren, ob sie tatsächlich ausschließlich im Kampf gegen Kinderpornographie eingesetzt werden

Es lohnt sich daran zu erinnern. Nicht nur, weil am kommenden Montag die Internet-Enquete-Kommission des deutschen Bundestags zum Thema Experten anhören wird (Hier die Antworten vom Kollegen Matthias Spielkamp nachlesen).

Man muss allerdings sagen: In Neumanns Papier gibt es einen Hinweis, den man auch mit Blick auf die Kulturflatrate lesen kann. Der Begriff selber taucht freilich nicht auf, in Punkt zwei heißt es aber:

Das Internet ermöglicht es Nutzern, schnell und unkompliziert auf urheberrechtlich geschützte Inhalte zuzugreifen. Freier Zugang ist aber nicht gleichbedeutend mit kostenfreiem Zugang. Auch bei digitalen Nutzungen muss eine angemessene Vergütung der Urheber und sonstigen Rechteinhaber sichergestellt werden.

Zum Beispiel über die Kulturflate möchte man ergänzen.

P.S.: Erstaunlich ist übrigens, dass dieses Positionspapier am gleichen Tag veröffentlicht wurde wie der unbedingt lesenswerte Text Leben Autoren vom Urheberrecht? Ein nützlicher Mythos von Ilja Braun. Wäre schön, hätte der Kulturstaatsminister diesen auch gelesen …

7 Kommentare

In der Tat ein seltsamer Vorschlag. Die Intention, dem „Abmahnunwesen“ einen Riegel vorzuschieben, indem man als Vorstufe einen Warnhinweis an den vermeintlichen Verletzer versendet, gefällt mir.
Wie allerdings die Identität ermittelt werden soll, lässt der Vorschlag offen. Das kann ja nur so geschehen, dass „das System“ auf Daten des ISPs zugreift, um die Identität des die IP Nutzenden zu ermitteln.
Herr Neumann müsste schon erklären, wie er den Missbrauch eines solchen Systems verhindern will und wer der Träger sein soll. Klingt unausgegoren und gefährlich.

Es ist leider nicht damit zu rechnen, dass unsere politischen Eliten in absehbarer Zeit ein Verständnis dafür entwickeln, wann es an der Zeit ist, Veränderungen zu akzeptieren und nicht, sie zu bekämpfen. Das hat unter anderem damit zu tun, wer argumentativen Zugang zu diesen Personen hat – sprich: mit wem sie Essen gehen ;-) und wer nicht.

Dass Verleger und Medienunternehmen – die diesen Zugang haben – alles tun, um ihre bestehenden Geschäftsmodelle zu schützen, ist hingegen mehr als verständlich. Und zu diesem „alles tun“ gehört es eben auch, die eigene Profession als elementaren Bestandteil der jeweiligen Nationalkultur darzustellen. Diese Argumentation fällt umso leichter, als da ja im vordigitalen Zeitalter durchaus stimmte.

Ich denke deshalb, dass Herr Neumann durchaus an das glaubt, was er (bzw. seine Zuarbeiter) in diesem Papier geschrieben haben. Leider :(

„Der Begriff selber taugt freilich nicht auf […]“ Das sollte er auch nicht, aber eventuell hätte er auftauchen können ;)

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