Gasförmige Bezahldebatte

Unter dem Titel Universalcode erscheint in diesem Sommer (Herbst?) ein Buch zum Journalismus im digitalen Zeitalter. Ich habe an unterschiedlicher Stelle schon darauf hingewiesen, dass auch ich als Autor dieses Buches mitgewirkt habe. Christian Jakubetz hat jetzt das Vorwort von Heribert Prantl ins Netz gestellt. Darin wählt dieser eine Metapher für die Veränderungen unseres Berufs, die mich sehr an das GNU-Manifest erinnert hat. Prantl schreibt:

Es gibt das etwas altbackene Wort “Edelfeder” für die Journalisten, die mit der Sprache besonders behände umzugehen vermögen. Der professionelle Journalist ist, wenn man bei diesem Sprachgebrauch bleiben will, eine Art Edelblogger. Der Journalismus wird sich nicht mehr so fest wie bisher am Papier festhalten, er löst sich zum Teil davon; aber er löst sich nicht auf. Er verändert seinen Aggregatzustand, er ist nicht mehr so fest wie er es hundertfünfzig Jahre lang war, er ist schon flüssig geworden, vielleicht wird er gasförmig. Das wird ihm nicht schaden. Gase erfüllen jeden Raum.

Er illustriert damit, wie die Ablösung der Daten vom Träger den Journalismus verändern. Das Zitat bezieht sich vor allem auf die Abwertung des Online-Journalismus im Vergleich zum Offline- bzw. Print-Journalismus, die Prantl für überkommen und falsch hält. („Der gute klassische ist kein anderer Journalismus als der gute digitale Journalismus.“) Ich lese das Zitat aber auch als Ansatz für die Debatte ums Bezahlen im digitalen Raum. Denn im so genannten GNU-Manifest der Freien Software Bewegung wird eine Metapher gewählt, die der von Prantl sehr ähnlich ist. Dort heißt es:

Stellen Sie sich eine Raumstation vor, in der die Luft zu hohen Kosten hergestellt werden muß: Es mag fair sein, Atemluft pro verbrauchten Liter zu berechnen, aber das Tragen von Gasmasken mit Meßeinrichtungen – Tag und Nacht – ist intolerabel, selbst wenn der Luftpreis für jeden erschwinglich ist. Und allgegenwärtige Fernsehkameras, die überwachen, ob jemand die Maske abnimmt, sind abscheulich. Es ist besser, die Luftanlage durch eine Kopfsteuer zu finanzieren und die Masken wegzuwerfen.

Mir ist diese Parallele aufgefallen. Ich möchte sie festhalten. Denn sie öffnet vielleicht eine neue Ebene im Nachdenken übers Bezahlen im digitalen Raum. Wie nötig diese ist, hat gerade erst die Auseinandersetzung um die Kulturwertmark gezeigt.

Denn glaubt man den Verfassern des GNU-Manifests, hat die digitale Kopie unsere Branche in den Zustand dieser Raumstation versetzt:


Das ganze oder teilweise Kopieren eines Programms ist für einen Programmierer so natürlich wie Atmen – und so produktiv. Es sollte genauso frei sein.

Das Buch Universalcode erscheint in Kooperation mit der Plattform euryclia, wo man es auch vorbestellen kann.

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