Auf der Website von Reinhard Mey gibt es ein Blog. Er nennt die Einträge dort „Chronik-Beiträge“ und der jüngste bezieht sich auf den Song „In meinem Garten“, der durch die Netflix-Doku über den Rapper Haftbefehl neue Popularität erlangt hat (Platz 15 in den deutschen Charts). Mey schreibt darin:
Danke, Aykut, für Deine Zuneigung und all das, was gerade daraus in unserem Garten erblüht.
Aykut ist der bürgerlicher Name des Rappers Haftbefehl.
Heute hat die schwarz-rote Bundesregierung eine Einigung in Bezug auf die Wehrpflicht bekannt gegeben und ich musste an den Song „Nein, meine Söhne geb ich nicht“ von Reinhard Mey denken. Er ist 1986 auf seinem Album „Alleingang“ erschienen und beginnt mit den Zeilen:
Ich denk ich schreib euch besser schon beizeiten. Und sag euch heute schon endgültig ab
Im Sommer hatte Reinhard Mey über den fast zwanzig Jahre alten Song geschrieben. Im Jahr 2020 hatte eine große Gruppe Künstler:innen eine neue Version des Lieds aufgenommen – und Reinhard Mey hatte sich an dem neuen Projekt beteiligt. Ende des Sommers gab es dann eine kleine Debatte darüber, ob der Song bei einer Abstimmung beim SWR benachteiligt worden sei (eher nicht).
Was in den Berichten aber bisher unterging, ist eine weitere Geschichte aus der Reihe „Reinhard & die Rapper“, denn es gibt einen Song ähnlichen Namens, der bei weitem kein Cover und auch keine Interpolation ist – aber eine aktuelle Referenz: Meine Söhne geb‘ ich nicht des Hamburger Rappers Disarstar.
Die Rap-Variante des Songs ist musikalisch und textlich ganz anders als das Lied aus dem Jahr 1986 – aber in der Botschaft sind sich Disarstar und Mey einig. Und wer die Texte genau anhört, entdeckt auch erstaunliche Referenzen in der Sprache und der Metaphorik
| Disarstar 2025 | Reinhard Mey 1986 |
Ich würde, wenn ich könnte, mit ihm fliehen Still und heimlich so wie Räuber in der Nacht Heimatlos, kein‘ Vaterland mehr dienen Wie Nomaden, wenn ihr schlaft, dann sind wir wach Leben hat ein jeder doch nur eines Selbst wenn der Himmel über mir zerbricht Nein, meine Söhne geb‘ ich nicht | Und eher werde ich mit ihnen fliehen, Als daß ihr sie zu euren Knechten macht. Eher mit ihnen in die Fremde ziehen, In Armut und wie Diebe in der Nacht. Wir haben nur dies eine kurze Leben, Ich schwör’s und sag’s euch grade ins Gesicht: Sie werden es für euren Wahn nicht geben: Nein, meine Söhne geb‘ ich nicht! |
Oder wie es das Grundgesetz in Artikel 4 formuliert:
Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Mehr zum Thema Kopie & Referenz im Buch „Mashup – Lob der Kopie“ und hier im Blog: