Die Drucksache 21/1853 des Deutschen Bundestags (PDF) stellt fest, „dass die Bundesrepublik Deutschland ihre Fähigkeiten zur gesamtstaatlichen Verteidigung nachhaltig verbessern muss.“ Die Drucksache wurde Ende September veröffentlicht und bildet die Grundlage für den „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes (Wehrdienst-Modernisierungsgesetz – WDModG)
Über die konkrete Ausgestaltung hat sich die Koalition vergangene Woche geeinigt: es soll eine zunächst freiwillige Wehrpflicht geben – die regelmäßig kontrolliert und im Zweifel zur Pflicht ausgebaut wird. Zentral ist dabei die…
… verpflichtende Befragung der wehrpflichtigen Männer über die Bereitschaft und die Fähigkeit zur Wehrdienstleistung sowie zu Bildungsabschlüssen, sonstigen Qualifikationen und Interessen. Die Abgabe der Erklärung soll für Wehrpflichtige, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, auf Aufforderung der Wehrersatzbehörde verpflichtend sein. Es ist davon auszugehen, dass die Befragung – in Verbindung mit umfassenden Informationen über berufiche Möglichkeiten und Perspektiven in den Streitkräften – zu einer intensiveren Befassung der jüngeren Generation mit dem militärischen Dienst führt und damit auch die Anzahl freiwilliger Bewerbungen steigen wird.
Ich finde, das klingt gut. Deutschland fragt seine jungen Bürger und geht davon aus, dass durch die Befragung die Befassung mit dem Thema steigt.
Wer allerdings die Nationale Sicherheitsstrategie kennt (Zeitenwende!), weiß: die Verbesserung der gesamtstaatlichen Verteidigung wird nicht nur durch den Dienst an der Waffe erreicht. Deutschland ist einer „hybriden Bedrohnung“ ausgesetzt, über die das Verteidiungsministerium das hier schreibt:
Ziel der Angreifer ist es, nicht nur Schaden anzurichten, sondern insbesondere Gesellschaften zu destabilisieren und die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Offene pluralistische und demokratische Gesellschaften bieten dafür viel Angriffsfläche und sind somit leicht verwundbar. Insgesamt wird diese Situation durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine erheblich verschärft.
Das Besondere an der hybriden Kriegsführung ist die Verschleierungstaktik. Die Täter operieren entweder anonym oder bestreiten Beteiligungen an Vorfällen und Konflikten. Sie gehen dabei äußerst kreativ und koordiniert vor, ohne die Schwelle zu einem offiziellen Krieg zu überschreiten.
Konkret heißt das: wir brauchen mehr Bildung um die Verschleierung aufzudecken und Medienkompetenz um uns gegen die Destabilisierung zu wappnen! Allein mit Drucksache 21/1853 (WDModG) werden wir das aber nicht erreichen. Wir brauchen also neue Ideen, um der hybriden Bedrohungslage zu begegnen.
Deshalb kommt hier ein Vorschlag:
Die verpflichtende Befragung zur Medienkompetenz
Sie basiert auf der gleichen Idee wie die Befragung der jungen Männer, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Wir dehnen sie nur auf alle Menschen über 18 aus und erfragen nicht den körperlichen Fitness-Zustand, sondern jenen der Digital- und Medienkompetenz. In der Sprache der Drucksache 21/1853 (WDModG) würde das dann so klingen:
… eine verpflichtende Befragung der
wehrpflichtigen MännerDeutschen über die Bereitschaft und die Fähigkeit zurWehrdienstleistungMedienkompetenz sowie zu Bildungsabschlüssen, sonstigen Qualifikationen und Interessen. Die Abgabe der Erklärung soll fürWehrpflichtigealle, die das 18. Lebensjahr vollendet haben,auf Aufforderung der Wehrersatzbehördeverpflichtend sein. Es ist davon auszugehen, dass die Befragung – in Verbindung mit umfassenden Informationen überberufiche Möglichkeiten und Perspektiven in den StreitkräftenMedienkompetenz-Angebote – zu einer intensiveren Befassungder jüngeren Generationaller Befragten mit demmilitärischen DienstBedrohungslage führt und damit auch dieAnzahl freiwilliger BewerbungenMedienkompetenz steigen wird.
Je nach dem, wie aktiv die befragten Deutschen reagieren, kann der Bundestag entscheiden, ob auch verpflichtende Fortbildungsangebote eingeführt werden sollen. Zunächst soll hier aber – wie bei der Wehrpflicht – das Prinzip der Freiwilligkeit gelten.
Der Staat lädt seine Bürger:innen ein, sich mit den zahlreichen Medienkompetenz-Angeboten auseinanderzusetzen. Sie sollen darauf hingewiesen werden, dass sie z.B. den Digitalführerschein der Aktion „Deutschland sicher im Netz“ machen können…
… oder sich zum Beispiel beim Bidt-Digitalbarometer selbst einschätzen können.
Es gibt deutschlandweit zahlreiche tolle Angebote zur Medienkompetenz, die derzeit darunter leiden, dass alle denken, sie würden sich vor allem an die anderen richten (mal Third-Person-Effect googlen). Mit der verpflichtenden Medienkompetenz-Befragung würde das Thema ins allgemeine Bewusstsein rücken – und deutlich machen: Es geht um deine ganz persönliche Medienkompetenz! So wie es in einer demokratischen, offenen Gesellschaft um deine ganz persönliche Teilhabe geht!
Und dort, wo der Hinweis auf Teilhabe und Freiwilligkeit nicht reicht, können all die Argumente genutzt werden, die in der Debatte um die 18-Jährigen vor allem von der Union ins Feld geführt werden: nur eben nicht nur in Bezug auf die Jungen, sondern in Bezug auf alle und als Antwort auf die hybride Bedrohungslage.
Mehr zum Thema hier im Blog – und in meinem monatlichen Newsletter:
