Was ist YouTube Shorts? Die Tiktokisierung des Web

Unlängst hat Tommi Schmitt in seiner empfehlenswerten Sendung „Studio Schmitt“ ehrliche Werbung gemacht. Der Slogan, den er dabei für Instagram präsentierte lautete: „Die Tiktok-Videos von gestern“. Das war lustig, weil Instagram mit seiner hochkantigen Tiktok-Kopie namens „Reels“ tatsächlich vor der Herausforderung steht, das Tiktok-Logo in den auch auf Instagram veröffentlichten Clips nicht zu prominent zu zeigen.

Der bekannteste Journalist auf Tiktok, Dave Jorgenson von der Washington Post, hat dazu unlängst einen schönen Clip gemacht, in dem er Reels und Tiktok in einen Austausch brachte. Würde er das gleiche mit Tiktok und Youtube machen, als YouTube würde er vermutlich kurze Hosen tragen. Denn YouTube nennt seinen Tiktok-Klon „Shorts“ (und Jorgenson schreckt von offensichtlichen und platten Witzen nicht zurück). Das Angebot „Shorts“ ist schon seit einer Weile online – und wird meiner Erfahrung nach vor allem von Menschen genutzt, die YouTube mobil nutzen.

Heute habe ich nun durch Zufall auf der Desktop-Startseite der YouTube-Mutter Google dieses Bild gesehen: Einen Werbehinweis für das Angebot Shorts. Das ist im doppelten Sinn erstaunlich. Denn erstens macht Google zwar fast überall Werbung, aber fast nie auf der Startseite. Und zweitens lässt sich daraus ableiten, dass Googles Videotochter YouTube wohl Sorge hat, hochkant aus dem Aufmerksamkeitsfenster der mobilen Tiktok-Fans zu fliegen, wenn nicht mehr Energie auf das eigene Angebot Shorts gelenkt wird.

Dass damit mit einem etwas ungelenkten Spruch geworben wird, bleibt allerdings verwirrend. Der Satz…

Mit YouTube Shorts kannst du eigene Kurzvideos ansehen und erstellen

… legt einen merkwürdigen Fokus auf „eigene Videos“. Die Besonderheit des Angebots ist es ja, dass bei Shorts erstens auch andere meine Kurzvideos sehen können und dass zweitens ich die Kurzvideos von anderen sehen kann. Aber gut.

Es spricht sehr viel dafür, dass Google nicht einfach so Werbung auf die eigene Startseite knallt, sondern damit ein Zeichen sendet: Die Tiktokisierung des Web hat begonnen. Sie scheint sogar soweit fortgeschritten, dass auch YouTube mitfahren will.

Die Werbung führt übrigens auf diesen deutschsprachigen Clip, der mit kurzen Schnipseln für das Angebot wirbt. Tommi Schmitt würde dazu vermutlich texten: „YouTube Shorts die Reels von gestern“

In Fragen des Slogans hat eh Tiktok das Rennen gewonnen: It starts on Tiktok ist kaum zu überbieten.

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Wer mehr über Tiktok wissen möchte, findet hier meine tiktok-taktik – und einmal im Monat die Netzkulturcharts, die die relevantesten Trends nicht nur hochkant zusammenfassen. Mehr über gute Slogans und Werbung im Podcast „Wirbt das?“
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