Piraten, Kopieren und der aktive Rezipient

Die Piratenpartei hat seit dem Wochenende einen neuen Vorsitzenden: Sebastian Nerz hat Zeit Online ein interessantes Interview gegeben, das man dort auf seine Aussage zugespitzt hat, bei der Bundestagswahl 2013 fünf Prozent erreichen zu können. Viel spannender finde ich seine Antwort auf die Frage nach dem Gesellschaftsbild der Piraten. Nerz sagt …

Früher war es völlig normal, dass man von Kriegen Tage später gehört hat, heute hat man eine halbe Minute später ein YouTube-Video. Das bedeutet auch, dass die Menschen stärker gewohnt sind, ihre Meinung zu sagen. Man wartet nicht mehr darauf, dass sich ein Experte, eine Zeitung sich dazu äußert, sondern loggt sich in seinem Lieblingsforum ein.

… und fokussiert damit sehr viel stärker als ich es von den Piraten bisher wahrgenommen habe, die Ausrichtung der Partei auf ein Phänomen, das ich hier häufiger als aktiven Rezipienten beschrieben habe. Die Nutzung der digitalen Kopie ist dabei nur eine Ausprägung dieser Aktivierung. Das ist insofern spannend, weil bei der Gründung der Piraten-Bewegung (und im Namen) diese sehr zentral stand.

Nerz Vorgänger Seipenbusch hatte bei seiner Ankündigung, bei der Wahl zum Bundesvorsitz nicht mehr kandidieren zu wollen, den Schwerpunkt noch etwas anders gesetzt. Er schrieb:

Die Globalisierung des Wissens und der Kultur der Menschheit durch Digitalisierung und Vernetzung stellt deren bisherige rechtliche, wirtschaftliche und soziale Rahmenbedingungen ausnahmslos auf den Prüfstand. Nicht zuletzt die falschen Antworten auf diese Herausforderung leisten einer entstehenden totalen und totalitären, globalen Überwachungsgesellschaft Vorschub. Die Angst vor internationalem Terrorismus lässt Sicherheit vor Freiheit als wichtigstes Gut erscheinen – und viele in der Verteidigung der Freiheit fälschlicherweise verstummen.

Informationelle Selbstbestimmung, freier Zugang zu Wissen und Kultur und die Wahrung der Privatsphäre sind die Grundpfeiler der zukünftigen Informationsgesellschaft. Nur auf ihrer Basis kann eine demokratische, sozial gerechte, freiheitlich selbstbestimmte, globale Ordnung entstehen.

P.S.: Hier übrigens das MP3 zum Kommentar von Volker Pispers, der eine Parallele zwischen FDP und Piraten erkennt.