Mit Musik Geld verdienen: die Streaming-Rechnung

An dem Tag, dem Google Unbegrenzten Musikgenuss für 7,99 Euro im Monat ankündigt, hat sich eine spannende Diskussion anhand dieses Artikels im Wall Street Journal entwickelt: es geht um die Frage, wieviel Künstler durch Spotify verdienen. Wir erinnern uns: Thom Yorke hatte dieses Thema im Sommer aufmerksamkeitsstark verbreitet, als er ankündigte, Spotify zu boykottieren weil Künstler bei diesem Dienst kaum Geld verdienen würden. Die Geschichte von Grizzly Bear und eine Wortmeldung von David Byrne aus dem Winter 2013 gingen in ähnliche Richtung.

Nun legen die Rechnungen auf Basis aktueller Zahlen von Spotify etwas offen, was in den Wortbeiträgen kaum betont wurde: Es gibt noch Mittelsmänner zwischen Spotify und den Künstlern. Mit Blick auf die geringen Einnahmen von Grizzly Bear rechnet das WSJ vor:

Sie hätten für 10.000 Streams ihrer Songs nur 10 Dollar bekommen. Laut den nun veröffentlichten Statistiken von Spotify wären für 10.000 Streams 60 bis 84 Dollar fällig.

Der weitüberwiegende Teil der Gelder, die Spotify auszahlt landen also gar nicht bei den Musikern, sondern bei den Rechteverwertern. Tim Renner weist auf diese Rechnung auf seiner Facebook-Seite hin und kommentiert:

die Labels verdienen heute schon mehr an Spotify oder Downloads als an der CD. Das liegt daran, dass die von den Plattformen gezahlten Preise bereits verhandelt sind (man also nicht wie beim Listenpreis der CD Rabatte, Bonus und Discount abziehen muss), die GEMA, Storage, Shipping, Billing iTunes, Spotify und Co übergeholfen wurden und Herstellung, Retourenabwicklung gänzlich entfällt. Beispiel: 12,90 Liste (CD) – 20% Künstler (dem nochmal mindestens 20% Packaging abgezogen – ergo 16% netto)= -2,06 Euro/ -25% durchschnittlicher Bonus, Rabat, Discount für den Handel = – 3,23 Euro / knapp 1 Euro GEMA, mehr als 1 Euro für Herstellung, Shipping, Billing,Storage, Retourenabwicklung0 -2.- Euro. Ergo 5,61 als Deckungsbeitrag 2 fürs Label. Bei Download/Streaming sieht die Rechnung so aus= 6,80 – 20% Künstler (dem nochmal mindestens 20% Packaging abgezogen werden – ergo 16% netto) = -1,08 Euro. Da alle weiteren, analogen Kostenfaktoren wegfallen, bleiben dem Label 5,72 Euro übrig -> ALSO MEHR ALS BEI DER CD. Gearscht ist nur der Künstler, der statt 2,06 nur noch etwas mehr als die Hälfte erhält…

5 Kommentare

Die gleiche Rechnung könnte man für Journalismus aufmachen. Wenn die Kosten für Herstellung, Druck, Distribution, Verlagsgebäude-Miete, Dienstwägen, mehrere Hierarchie-Ebenen und so weiter wegfällt, wenn man also den Zwischenhändler für Journalismus mit der Altlast seiner Infrastrukturkosten aus einer anderen Ära weglässt, dann ist Journalismus mit viel geringeren Beträgen profitabel zu betreiben. Ihr Geschäftsmodell lähmt die Verlage. Es verhindert neuen Journalismus.

So ganz begreife ich die Rechnung nicht. KünstlerInnen bekommen beim Streaming zumindest in Deutschland einen festen Betrag pro gestreamten Titel durch die GEMA. Ich frage mich seit der Diskussion, wie dies wäre, wenn Radios pro abgespielten Titel und pro Hörer den gleichen Betrag bezahlen würden, wie Streamingdienste. Würden Radiosender dann mehr oder weniger bezahlen müssen.

Ich finde ziemlich übel, daß sich die Künstler in Ihrem Unwissen immer wieder vor den Karren der Verwerter/Labels spannen lassen. Letztere lachen sich hingegen ins Fäustchen, verdienen sie doch stets am meisten in der ganzen Kette.

Wacht endlich auf – es ist 2013, ihr braucht keine Rechteverwerter mehr. Macht den Kram selbst und schon kommen bei euch 150% mehr an.

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