„Ins Netz stellen“ im September 2012

In der Woche, in der der Chefredakteur der größten deutschen Boulevardzeitung in Amerika seinen ersten Tweet schrieb, diskutierte Deutschland aufgeregt über das Buch, das eine junge Frau über ihr Leben und das Internet geschrieben hatte. Das Gerücht eines hohen Vorschuss und die Emotionalität der Urheberrechtsdebatte (von der man fast hoffen durfte, sie würde nun endlich sachlicher geführt), reichten aus, um Julia Schramm zum wichtigsten Webthema dieser Woche zu machen.

In dieser Woche also lohnt es sich, daran zu erinnern, dass es mal eine Zeit gab, in der die Veröffentlichtung eines Inhalts im Netz als weniger wertvolle Zweitverwertung verstanden wurde: „Das kann man ja dann ins Netz stellen“ sagte man dann und meinte damit: „Für eine wirkliche relevante Publikation auf Papier, im TV oder im Radio taugt es nicht.“

Seit einer Weile schon sage ich, dass wir mal unseren Kindern von der Zeit erzählen werden, in der man glaubte, es sei richtig, mehr Zeit und Geld in einen TV-Beitrag zu investieren, der einmal aber dafür im Fernsehen gezeigt würde als in den Beitrag, der auf der Website des Senders veröffentlicht wird – und dort für alle Zeit verfügbar ist.

Heute, also in der Woche mit Julia Schramm und Kai Diekmann, stellte ich fest, dass das mit dem Kinderzählen doch früher der Fall sein könnte als gedacht: Die Sache mit der Digitalisierung und der Veränderung geht nämlich doch schneller geht als man denkt.

Ich beobachtete nämlich mit einiger Freude, wie die beiden Journalisten Wolfgang Blau und Christoph Keese sich einen – sagen wir – Schlagabtausch zu der Frage lieferten, warum ein Text von Christoph Keese aus der gedruckten Ausgabe der Zeit nicht „ins Netz gestellt“ werde.

Es ging um Keeses Pro-Beitrag zur Leistungsschutzrechts-Debatte (hier der Contra-Leistungsschutz-Text von Till Kreutzer aus der Zeit). Wolfgang Blau hat dazu eine andere Meinung als Christoph Keese, aber darum geht es nicht. Es geht um die Präsenz im Digitalen. Es geht um das, was man früher „ins Netz stellen“ nannte.

Heute würde ich es digitale Relevanz nennen.

Um die scheint sich Christoph Keese zu sorgen. So ist vermutlich zu erklären, wie es zu dem Textangebot für Zeit Online kam, das er am Abend bloggte. Darin bietet er den in der Zeit (print) veröffentlichten Text pro Leistungsschutzrecht der Online-Ausgabe der Zeit zur Veröffentlichung an – kostenfrei.

Der Slate-Chef Jacob Weisberg twitterte in der Woche im September 2012, in der sich all das zutrug, übrigens das hier:

Aber vielleicht hat all das auch gar nichts miteinander zu tun.

Nachtrag: hier steht jetzt auch der Text von Christoph Keese online.