Experiment: Leserdialog

Deef Pirmansens – der spätetens seit dem Fall Hegemann – bundesweit bekannte Münchner Gefühlskonserve-Blogger schreibt über das Experiment der Welt-Kompakt, ihre Zeitung einen Tag lang von Bloggern schreiben zu lassen. In der Verlagsankündigung heißt es, man wolle …

… die Zeitung in die Hände von Bloggern geben. Ein Treffen der Welten. Eine Sonderausgabe, geplant, produziert und geschrieben von Internetautoren – darunter Jeff Jarvis, Robert Basic und Sachar Kriwoj. In Zusammenarbeit mit den Tageszeitungsredakteuren von Welt Kompakt. Hilfe, wir drucken das Internet!

Am Tag der Bundespräsidentenwahl sollen all die gemeinsam eine Ausgabe produzieren – allerdings ohne Honorar wie Deef beschreibt:

Dann erfuhr ich auf Nachfrage, dass die WELT KOMPAKT zwar gerne meine Arbeitsleistung zur Befüllung ihrer Spezialausgabe hätte, dafür aber nichts bezahlen möchte. Ich als Freiberufler verlöre einen Tagessatz meines regulären Medienjobs – ein Minusgeschäft also. Komisch, dass mir die WELT KOMPAKT das zumuten möchte, dachte ich doch, man habe mich eingeladen, weil man mir eine gewisse Wertschätzung entgegenbringt.

Zu diesem Punkt trägt er Stimmen aus der Branche zusammen und zitiert aus dem Anschreiben, mit dem er angeworben werden sollte. Spannend dabei: Es wurden nicht nur Blogger, sondern auch Kritiker von Amazon und Autoren der Wikipedia eingeladen. Deef schreibt dazu:

Komisch allerdings, dass man welt.de- und Youtube-Kommentatoren nicht eingeladen hat.

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6 Kommentare

Na ja, die Blogger wurden gefragt, ob sie mitmachen – und es war klar, dass kein Honorar gezahlt wird.

Das ist ein etwa so wie mit den Usern auf jetzt.de, die dort sicher auch über 90 % des Contents kostenlos erstellen, weil sie Lust dazu haben. Und nicht, weil ihnen versprochen wurde, anteilig an Werbeerlösen beteiligt zu werden.

Finde den Vergleich nicht ganz passend und verstehe auch nicht, was Du damit andeuten willst.

Du hast Recht, Dirk. Der Vergleich ist nicht ganz passend.

Was mich an der Diskussion etwas stört ist: es wurde ja niemand gezwungen, da honorarfrei mitzumachen. Man sollte es doch in einem Punkt etwas differenzierter betrachten: Wenn ein professioneller Jounalist keine Lust hat, kostenlos eine Tageszeitung zu befüllen, ist es doch etwas anderes als wenn ein Hobbyblogger einen Beitrag abliefert und sich mal einen Tag lang anguckt, wie das funktioniert.

Es gibt doch im Medienbereich ganz andere Dinge, über die es sich mehr aufzuregen lohnte, wie Ausbeutung von Praktikanten oder miese Bezahlung von freien Journalisten.

Gebe Dir Recht, bosch! Die Frage ist halt, wer ist Hobbyblogger und wer ist Journalist. Das ist der Unterschied vermutlich fließend …

Ich kann bosch da nicht Recht geben. Größere Probleme, die es anderswo gibt, relativieren doch keine kleinere Probleme. Und in meinen Augen ist es nicht in Ordnung, für Arbeit nichts zu zahlen (und inzwischen hat sich die Welt ja auch weich klopfen lassen). Vor allem nicht, wenn man, wie der Springer-Konzern, ordentlich Geld verdient. Und auch mit der von Bloggern und anderen gemachten Ausgabe werden sie Geld verdienen. Die Einnahmen zu spenden, wäre eine Alternative gewesen. Aber so …

Ihr habt vermutlich beide recht, würde ich Johannes Rau artig sagen (Versöhnen statt spalten). Denn zum einen gibt es in der Medienbranche tatsächlich Dinge, über die man sich mehr aufregen sollte. Zum anderen geht es um die Frage, ob das Arbeit ist. Wenn man diese Frage mit ja beantwortet, ist es tatsächlich nicht okay, dafür nichts zu bezahlen. Man kann aber auch argumentieren, dass es keine Arbeit ist – sondern ein Experiment, bei man schauen kann, wie sich ein Hobby entwickelt.

Aber die Web-Aufregung ist ja eh schon weiter gezogen: Jetzt in der FAZ-Kontrollverlust-Ecke.

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