„Es braust weniger Empörung auf“ – Philippe Wampfler über Unterricht im Live-Stream

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Was ist online möglich, wenn der direkte Austausch nicht mehr klappt? Mit dieser Frage befasst sich eine kleine Serie, die ich im Rahmen der ?Corona-Ausnahmesituation gestartet und mit zehn Lehren beschrieben habe. Folge 2: Unterricht im Stream (Foto: unsplash)[/white_box]

Philippe Wampfler ist Experte für das Lernen mit neuen Medien. Der Lehrer und Autor begleitet seinen digitalen Unterricht während der Corona-Krise auf einem eigenen Youtube-Channel.

Du machst jetzt etwas, das du vorher im direkten Austausch mit Menschen gemacht hast, über eine digitale Verbindung. Hast Du Dich schon dran gewöhnt? Bzw. Was irritiert Dich immer noch?
Wenn ich Videokonferenzen mit Klassen durchführe (im Schnitt mache ich das einmal pro Woche mit jeder Klasse), dann rede ich oft einfach in den Bildschirm rein. Das geht, ich kann damit umgehen und habe mich daran gewöhnt. Ich versuche, nicht zu glatte Vorbereitungen zu erzeugen, sondern auch mal direkt im Browser was zu suchen, damit die Klasse auch etwas Pause zum Mitdenken erhält. In einem Schulzimmer kann ich aber die Stimmung direkt fühlen und merke, ob ich eher länger oder kürzer sprechen sollte, schneller oder langsamer oder vielleicht direkt zur nächsten Phase übergehen muss. Diese Wahrnehmung habe ich vor dem Rechner (noch) nicht.

Was war die größte Hürde, die Du überwinden musstest?
Ich habe voll losgelegt: Einerseits, um die Gedanken an die Pandemie zu verdrängen, andererseits, weil ich Lust hatte, Ideen umzusetzen und die Situation zu nutzen. Als Hürde habe ich eher die Vorstellung von Kolleginnen und Kollegen empfunden, möglichst intensiv weiterzumachen und ihre Stunden einfach als Videomeeting abzuhalten, mit Absenzenkontrolle und Frontalunterricht. Da fehlte manchmal die Einsicht, dass es sich um eine veränderte Situation handelt.

Gibt es etwas, das jetzt besser ist als vorher?
Die informellen Gespräche an der Schule sind weggefallen. Das ist nicht generell besser, aber in einer Hinsicht schon: Es braust weniger Empörung auf, kurzfristige Anfragen und Umstellungen sind weniger gut möglich. Ich kann meine Arbeit etwas besser planen und bestimmen. Zudem haben die Schüler*innen mehr Freiheit: Sie konzentrieren sich auf das, was Sie als wichtig einschätzen. Weil der Notendruck im Moment weg ist, erlebe ich sie auch als gelöster.

Im direkten Austausch gibt es stets irgendeine Form von Rückmeldung, eine Stimmung im Raum. Wie löst du das Problem, dass das online nur sehr viel schwieriger wahrzunehmen ist?
Ich telefoniere mehr, baue immer Feedback-Phasen ein, wenn ich mit jemandem rede. Oft führe ich auch in Chats ganz kleine Umfragen durch, meist nur eine Frage, damit alle auch etwas abschätzen können, ob sie mit einem Gefühl alleine sind oder nicht.

Welchen Ratschlag würdest du jemandem geben, die/der jetzt auch ins Online-Streaming einsteigt?
Nicht zu lange Sequenzen planen, die Möglichkeiten von Chats nutzen, keine Perfektion erzielen wollen. Improvisieren ist charmant und lernwirksam.

Zum Abschluss: Kannst du noch kurz erklären, wie (also mit welcher Soft-/Hardware) du jetzt online gehst?
Ich nutze einen Standard-Laptop mit einem Bluetooth Headset. Manchmal nehme ich auch mit dem Handy an Calls teil. An der Schule benutze ich Microsoft Teams, sonst oft Zoom.

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Dieser Fragebogen ist Teil einer kleinen Serie hier im Blog, die sich mit Streaming und Video-Konferenzen befasst. Wenn du wegen der Corona-Krise auch auf Streaming umgestellt hast und darüber sprechen möchtest: melde dich bei mir!

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