Die Herausforderungen für den Online-Journalismus

We didn’t became journalists to sit back and relax, didn’t we?

Zu diesem Fazit kommt Mercedes Bunz in ihrem Beitrag zum „state of online journalism today“. Sie nimmt darin u.a. Bezug auf die Guardian-Meldung, die darlegt, dass die Paid-Content-Strategie der Times vor allem zu einem Rückgang des Leser-Interesses geführt hat. Ich finde das nicht verwunderlich. Denn die Menschen verlieren das Interesse an Inhalten, wenn diese hinter einer Bezahlwand liegen. Das liegt zum einen daran, dass es immer jemanden gibt, der ein vergleichbares Angebot kostenfrei liefert (wird man nicht ändern) und zum anderen daran, dass die Leser nicht wissen, was sie kaufen werden. Selbst wenn also die Texte, Bilder, Videos, die hinter der Wand sind, besser sind, erfährt der Nutzer es nicht.

Ich schreibe das hier auf, weil es ein schönes Beispiel dafür ist, wie wichtig sprachliche Genauigkeit ist, wenn man sich den Herausforderungen der digitalisierten Welt stellt. Wenn wir das Gegenteil von „sit back and relax“ tun wollen, sollten wir das Feld sehr genau kennen, das wir bearbeiten. Das gilt für die Rede vom Diebstahl genauso wie für jene vom Verschenken. Die Times-Paywall zeigt, dass wir Inhalte nicht dann verschenken, wenn wir sie online stellen und dort vermarkten, sondern dann, wenn wir sie hinter einer Bezahlschranke parken. Dort werden sie nämlich kaum mehr wahrgenommen. Und ohne Aufmerksamkeit ist die ganze Mühe – verschenkt.

Es lohnt sich, die Sprache für diese veränderten Bedingungen zu schulen. Nur so wird man neue Ideen entwicklen, die dem digitalen Raum angemessen sind. In Massachusetts ist man jetzt zum Beispiel auf die Idee gekommen, Leser für fürs Kommentieren zahlen zu lassen. Dabei geht es zunächst um eine rein pragmatische Klarnamen-Abwicklung. Dahinter steckt aber mehr: Man nimmt den Gedanken ernst, dass das Web unsere Vorstellung vom journalistischen Produkt verändert. Dieses ist kein abgeschlossenes Gut mehr, das unverändert existiert und wie ein Brot verkauft werden muss. Es ist ein Prozess (und in diesem einen Zusammenhang akzeptiere ich die Buzz-Bezeichnung „Prozessjournalismus“) geworden, ein sich änderndes Verlaufsprodukt. Damit geht jede Menge Veränderung im Herstellungsprozess einher – und vielleicht auch im Verwertungsprozess.

Wie das konkret aussehen wird, finden wir nur heraus, wenn wir Begriffe finden für diese veränderten Bezugswelten. Das gilt nicht nur für die Musik und das Urheberrecht, sondern auch für die Zukunft des Online-Journalismus. Aber genau deshalb sind wir ja Journalisten geworden …

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