Digitale Souveränität – so geht’s!

„Spätestens mit 18 muss man souverän sein im Umgang mit Daten“, heißt es in der Ausschreibung zum Workshop „Digitale Souveränität“, den Katharina Meyer diese Woche an der Zentral- und Landesbibliothek Berlin gegeben hat bzw. geben wollte. Warum er nicht direkt zustande kam und worum es dabei geht, hat sie mir per Mail beantwortet

Du hast diese Woche zum ersten Mal einen Workshop zum Thema „Digitale Souveränität“ gegeben. Wie wars?
Habe ich leider diese Woche noch nicht, weil die eigentlich angemeldete Klasse von ihrer Schule kurzfristig keine Freistellung bekommen hat- ich habe mich aber im Vorfeld mit vielen Kollegen unterhalten, die diese Art von Workshop schon öfter gehalten haben und nicht so erstaunliche Erfahrungen gemacht haben: Zwar sind Jugendliche heute mental viel mehr auf digitale Endgeräte und allgemeine Digitalität eingegroovt, können damit auch unfassbar kreativ und eigenwirksam umgehen und haben auch schon mal von Snowden gehört, aber: gleichzeitig sind Technikfolgenabschätzung, Vorausplanung der On- und Offline-Identität und forensische/investigative Fähigkeiten noch nicht in kompletter Ausprägung ins tägliche Leben eingebettet- je nach Kontext. Mittlerweile ist es aber ja so, dass man fast in Black Mirror-Manier einen Sensor dafür haben muss, welche negativen Folgen es im schlimmsten Fall haben kann, wenn man im Netz zu freigiebig mit sich und seinen Daten umgeht.
Das würde man von Erwachsenen ja auch nicht ohne Vorbereitung erwarten, umso wichtiger ist mir, dazu beizutragen, das Gefälle zwischen Technologie-Entwicklern und auch minderjährigen Endnutzern kleiner zu machen, Design- und Datenschutz-Entscheidungen etc. möglichst niedrigschwellig zur Diskussion zu stellen und dann vom Einzelnen ausgehend zu überlegen: wie trainiere ich diesen souveränen Umgang mit Daten und Technologien? Auch gerne schon bevor man voll rechtsfähig ist.
Bei der Vorbereitung haben mir tolle Leute wie Daniel Seitz, Julia Kloiber, Wolfie Christl, Julia Krüger etc. Tipps gegeben. Einen kurzen Überblick der Materialien die ich in ein doc gepastet habe, findet man hier Manches davon ist mehr zu gebrauchen, manches weniger, kann man sich mal durcklicken.

Erzähl mal genauer: Worum geht es in dem Workshop?
Einmal um Identität und Privatsphäre(einstellungen), insbesondere auf Sozialen Plattformen, dann aber auch um Daten als Grundlage von Finanzierungsmodellen, insbesondere im Zusammenspiel von Technologie und Werbung (Google Pixl etc).- wie funktioniert Tracking, warum hat man mittlerweile das Gefühl, Facebook würde Unterhaltungen mitschneiden- auch wenn es nicht so ist (siehe die eine berühmte reply-all-Podcast-Folge), warum wird man als Individuum mit freiem Willen im Internet plötzlich auf allen Ebenen genudget und manipuliert- bewusst oder unbewusst? Und wo sind trotzdem noch die vielen schönen Effekte versteckt, die es ohne das Internet auch niemals gäbe?

Du bietest in dem Workshop auch ein „Digitales Selbstverteidigungstraining“ an. Was kann man sich davon für den persönlichen Gebrauch abgucken?
Vor allem, seine Profil-Einstellungen anzupassen und mal zu lernen, wo die Einstellungen als UX-Katastrophe versteckt sind, viel vorausschauender zu werden und sich aus der reinen Konsum-Perspektive verabschieden. Internet ist zwei-Wege-Kommunikation, und mit klügeren Nutzern hätten kommerzielle Datenverwerter und auch alle möglichen Phisher es viel schwerer, ein einkömmliches Leben zu führen. Andererseits sähe dann das Internet dann natürlich auch ganz anders aus. Generell: Den Kopf vor den Fingern einschalten.

Gibt es einen Ratschlag, den Du den Teilnehmer*innen darüber hinaus mit auf den Weg gibst?
Für Fortgeschrittene: eingänglich geschriebene Berichterstattung über angemeldete Patente von Facebook/ allgemein Soziale Medien etc. um sich noch besser vorstellen zu können, was künftig alles möglich sein wird. Allgemein: „Aufsässige“ Konsumenten zu sein, die mehr melden, sich auf YouTube mehr in Gegenrede üben und so weiter- weil dadurch dass die Politik/Gesetzgebnung nur sehr langsam reagiert, bleibt es erstmal an uns selbst hängen für ein „gesundes Netz“ zu sorgen und obwohl das Problem nicht rein durch Technik angegangen werden kann zumindest durch Tools die negativen Auswirkungen einzuhegen.

Sich selber zu wappnen, ist das eine. Wie lautet deine Forderung an die Politik?
Hört mehr auf die Leute, die sich wirklich gut auskennen und auf Datengrundlage Research-Paper veröffentlichen – lasst die die Empfehlungen entwickeln. Und findet endlich die innere Margarethe Vestager in euch und fangt an zu regulieren! Keine Angst von den sleeken Policy-Vertretern der Plattformen udn Werbekonglomerate: Die werden dafür bezahlt, erstmal nett zu wirken – teilweise checken die auch schon selbst, dass sie ein fettes Probkem vor sich herschieben – aber bei der Kohle, die gerade mit customized Werbung etc. angeblich zu verdienen ist, muss leider trotzdem von Politikern der bold move kommen.