Wir haben kein sind das Problem

Jürgen von der Lippe hat Max Goldt zitiert. Das ist ein wenig untergegangen. Denn in erster Linie hat der „große Freund der guten Manieren“ (von der Lippe über von der Lippe) festgestellt, was „die Leute“ angeblich so wollen. Und da hat der Hawai-Hemd-Experte rausgefunden, dass „die Leute“ es satt haben erzogen zu werden und dass „die Leute“ Greta satt haben. (Foto: Google-Suche) Daraus hat das Hamburger Abendblatt eine Überschrift gebastelt und darunter von der Lippe sagen lassen: „Der alte weiße Mann ist eine dreifache Diskriminierung – wegen der Hautfarbe, des Alters und wegen des Geschlechts.“ Statt ihn auf strukturelle Vorteile und Privilegien anzusprechen, lässt das Abendblatt ihn dann zum Abschluss Max Goldt zitieren. Mit einem Satz, den ich erstaunlich finde. Im Interview heißt es:

Max Goldt hat mal gesagt: Wenn die Kritik an Zuständen mehr nervt als die Zustände selber, dann muss man aufpassen, und so weit sind wir gerade.

Erstaunlich finde ich den Satz aus zwei Gründen:

1. Bin ich sehr unsicher, ob das Zitat so tatsächlich von Max Goldt stammen kann. Es erscheint mir nicht nur sprachlich nicht dem Goldt-Werk zu entsprechen*. Denn

2. Ist genau diese Haltung, die in dem Zitat formuliert ist, Ausdruck einer äußerst privilegierten Sicht auf die Welt. Wen nervt die Kritik an den Zuständen mehr als die Zustände selber? Genau: diejenigen, die mit den Zuständen eher einverstanden sind. Deshalb müsste das Zitat eigentlich heißt

Wenn die Kritik an den Zuständen mehr nervt als die Zustände selber, dann geht es dir vermutlich ziemlich gut. Es wäre ein schöner Zeitpunkt, mal deine Privilegien zu überprüfen.

Wäre schön gewesen, wenn Jürgen von der Lippe das gemeint hätte mit „dann muss man aufpassen“ – das würde sogar sprachlich passen…

*P.S.: Falls das Zitat tatsächlich von Max Goldt stammt, freue ich mich über Hinweise auf die Fundstelle und den Kontext. Falls nicht, könnte vielleicht jemand Max Goldt informieren…