Wie Journalismus sich verändert (Mai 2014)

Nach den Beweggründen für das von ihr gegründete Techniktagebuch gefragt, antwortete Kathrin Passig unlängst:

„Zum einen vergesse ich, was ich wie gemacht habe, zum anderen vergisst man noch gründlicher und zuverlässiger, warum man die Sachen so gemacht hat“

Deshalb notiert sie gemeinsam mit 22 anderen Autorinnen und Autoren wie Technik das Leben und vor allem den Blick aufs Leben verändert. Ähnliches müsste man auch für den Journalismus sammeln, der sich kontinuierlich und in einer Art verändert, dass man nachher nicht mehr genau sagen kann, was man damals dachte: als die Krautreporter den Online-Journalismus für kaputt erklärten, als in der gleichen Woche FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher in einem großen Interview Online-Journalismus in einem Atemzug mit Sklavenarbeit erwähnte …

Wir müssen hier gar nicht von Amazon-Lageristen sprechen. Wenn ich mir ansehe, unter welchen Bedingungen viele Online-Redakteure inzwischen arbeiten und wie sie bezahlt werden, wundere ich mich schon, wie wenig das thematisiert wird.

… als die New York Times ihre Chefredakteurin Jill Abramson entließ und ausgerechnet Buzzfeed anschließend ein Times-internes Dokument veröffentlichte, in dem vor der Gefahr neuer konsequent digitaler Angebote wie eben Buzzfeed oder Vox gewarnt wird. Joshua Benton bezeichnete das Papier anschließend als „Key document of the media age“. Als zentrale Erkenntnis des Innovations-Reports der New York Times (den Thomas Knüwer hier auf deutsch zusammengefasst hat) wurde anschließend der Satz: Die Homepage ist tot verbreitet. Weshalb The Atlantic anschließend fragte, wo der Traffic stattdessen herkommt:

If the clicks aren’t coming from homepages, where are they coming from? Facebook, Twitter, social media, and the mix of email and chat services summed up as „dark social“ (dark, because it’s hard for publishers to trace).

vox_stream
Es war zu dieser Zeit Mitte Mai 2014 als ich zum ersten Mal in dem thematischen Kontext der Veränderungen bei der New York Times das Vox-Format des „StoryStream“ (siehe Bild rechts) entdeckte. Es handelt sich dabei sozusagen um die konkrete Umsetzung der These, Nachrichten als Prozess nicht als Produkt zu verstehen. Vox versammelt im StoryStream Update zu laufenden Geschichten und stellt den Kontext ihres Inhalts dar – inklusive externer Aktualisierungen in Form von Tweets und Kommentaren.

Ist dir in vergleichbarer Weise aufgefallen, wie sich der Journalismus verändert? Schreib es mir gerne in die Kommentare!

1 Kommentar

Ein Trend der letzten Monate, der mir aufgefallen ist: Verdammt viele „Alpha-Journalisten“ verlassen etablierte Medien wie die NYT oder den Guardian, um sich Newcomern wie First Look Media (nächster Trend: Unternehmer wie Pierre Omidyar oder Jeff Bezos machen Verlagen Konkurrenz) anzuschließen oder eigene Startups (FiveThirtyEight, Vox etc.) zu gründen.
Der passende Text zur angehängten Grafik: http://www.journalism.org/2014/03/26/the-digital-migration-becomes-a-stampede-2/

Meiner Wahrnehmung nach ist das eine Entwicklung, die bis dato auf den angelsächsischen Raum beschränkt ist, vergleichbar ambitionierte Journalismus-Startups aus Deutschland kenne ich (noch?) nicht. Mit Krautreporter gibt es jetzt einen ersten Versuch in diese Richtung (wobei ich eher skeptisch bin, was das Finanzierungsziel angeht – leider), und ich würde mir wünschen, bald mehr vergleichbare Experimente zu sehen.

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