Lessig, Neumann und das Netz von morgen

Manchmal sind es Zufälle, die Zusammenhänge aufzeigen. Heute ist so ein Manchmal. Und die Zusammenhänge entstehen zwischen Lawrence Lessig und Bernd Neumann – die beide scheinbar zufällig heute prominent im Netz verlinkt werden.

Zunächst geht es um die Keynote, die Lessig beim eG8-Gipfel (siehe hierzu den Hashtag der Woche auf jetzt.de) gehalten hat. Diese ist nicht nur ein weiteres Beispiel für die sprichwörtliche Lessig-Präsentation und der dringende Beleg für die Bedeutsamkeit gegenwärtiger Netzpolitik. Sie benennt auch ein das zentrale Problem bei der Frage der Internet-Regulierung:

Lessig reagiert (ab 5:10 Min) auf Nicolas Sarkozy und erklärt diesem und den anwesenden Politikern

We don’t trust the answers the government gives

Dann gibt er Belege für diese Behauptung (u.a. am Beispiel des Urheberrechts). Doch der Zufall spielt einen viel anschaulicheren Beleg ins Netz. Er stammt von der CDU-Medianight, in deren Verlauf die Extra 3-Reporterin Caro Korneli den Staatsminister für Kultur und Medien aufs Glatteis führt. Bernd Neumann antwortet brav auf deren Fragen und merkt dabei nicht, dass es wenig klug wirkt, über das Ende des Internet Auskunft geben zu wollen. Dass er für die Gefahr einer Überfüllung des Internet dann ausgerechnet recht blind auf Google vertraut („ich bin sicher, dass Google ein Konzept hat“) macht die Antwort nicht besser.

Jetzt kann man sich recht platt über den in die Irre geführten wichtigsten deutschen Kulturpolitiker lustig machen (und über seine Kollegen lachen), man kann aber auch den Zufall der Lessig-Keynote dagegen schneiden und feststellen: Es fällt schwer, diesem Politiker die richtigen Entscheidungen für das Netz von morgen zuzutrauen.

Denn Bernd Neumann ist nicht der in die Irre geführte ältere Herr, der sich halt nicht so gut auskennt. Bernd Neumann ist ein sehr strategischer Politiker. Immerhin hat er auf der Medianight nicht nur in Caro Kornelis Mikrofon gesprochen. Er hat auch eine Rede zur Netzpolitik gehalten, deren wichtigste Forderungen Robin Meyer-Lucht bei Carta dokumentiert hat. Neumann spricht sich darin (mal wieder) für ein Warn-Modell aus, das auch verdi mal in Erwägung gezogen hat

Zur besseren Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte sollte der rechtliche Rahmen daher um ein sogenanntes Warnhinweismodell ergänzt werden, das es ermöglicht, bei illegaler Nutzung zu verwarnen, ohne sofort zu bestrafen. Bei wiederholter Rechtsverletzung muss aber mit einer ernstzunehmenden Reaktion zu rechnen sein, z.B. einer kostenträchtigen Abmahnung.

Damit schlägt er einen Weg vor, der in Frankreich und England bereits zu erheblicher Kritik geführt hat. Gleichzeitig lehnt er alternative Vorschläge wie die Kulturwertmark oder die Kulturflatrate kategorisch ab.

Nimmt man all das zusammen, muss man sagen: Es fällt sehr schwer anzunehmen, dass Kulturstaatssekretär Bernd Neumann tatsächlich die Tragweite der Veränderungen versteht, die von der digitalen Kopie ausgeht. Noch schwerer fällt es, seinen Entscheidungen und Vorschlägen zu trauen. John Perry Barlow, der ebenfalls bei dem eG8-Gipfel anwesend war, hat sein Fazit der Veranstaltung übrigens so gezogen:

Internet Young, don’t forget that one day these old control freaks will be dead and you’ll still be alive.

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